Lukas Neumayer allererster Tulln-Semifinalist aus Österreich

Foto: Manfred Binder/NÖ Open#

Mit einer echten Energieleistung über die große Schweizer Zukunftshoffnung beschenkte der Salzburger sich und das Publikum. Im zweiten Samstagsspiel in der Gartenstadt geht es aber bereits um den nächsten Turnier-Meilenstein.

Wer gerne einen fleißigen Handwerker sehen wollte, der musste (auch) am Freitag bei den NÖ Open powered by EVN zu Lukas Neumayer gehen. An seinem 22. Geburtstag durfte der Pongauer zunächst die Viertelfinalsession im Einzel eröffnen, um dann – „after a suitable rest“, wie es so schön heißt –, an der Seite von Gerald Melzer, noch um einen Platz im samstäglichen Doppelendspiel zu fighten.

Aber immer der Reihe nach. Das Viertelfinalspiel gegen den ein halbes Jahr jüngeren, dafür mit 1,98 m um 16 Zentimeter größeren Schweizer Jerome Kym bekam von den zahlreichen Zuseher:innen auf der Tullner Tribüne schnell das Prädikat „Sehenswert“ verpasst. Was es der österreichischen Nummer 320 der Welt gegen den aktuell auf Platz 180 gereihten Kontrahenten an Reichweite und Service-Topspeed fehlte, machte Neumayer von Beginn weg mit fanatischem Kampfgeist und hoher Schlagsicherheit wie Präzision weg. Das erste Break gegen den solide retournierenden, aber vor allem hocheffzient servierenden Kym ließ sich bei 3:3 im ersten trotzdem nicht verhindern. Was danach folgte, war aber kein Solo für den Schweizer, sondern eine fantastische Aufholjagd von Neumayer, welche bei 4:5 mit dem Re-Break und letztlich mit dem Satzgewinn belohnt wurde. Aber obwohl es im zweiten Satz anfangs so wirkte, als ob der Österreicher damit sein Pulver gegen den jüngsten Schweizer Daviscupper aller Zeiten (Anm. erster Einsatz mit 15) verschossen hätte, bewies Neo-Daviscupper „Luki“ das Gegenteil, holte sich beim sTand von 4:5 neuerlich ein früh verlorenes Service Game zurück. Letztendlich landete man in einem Tie Break, welches beide Akteure eher ungeduldig angingen und das letztlich von Kym mit einem beeindruckenden Service-Winner mit 7:3 entschieden wurde. Ein Umstand, den der Eidgenosse mit einer Toilet Break gefeiert und von Neumayer eher nachdenklich quittiert wurde.

Heraus aus den Katakomben- und Gedankengängen kam zwei erfrischte junge Herren, mit dem Willen, den in Sachen Wucht (Kym) und Flugbahn (Neumayer) immer wieder ungleichen Kampf fortzuführen. Allein zupfte der Österreicher mit seiner unerschütterlichen Konstanz und Präzision am Geduldsfaden des Schweizer Supertalents, dem auch Neumayer-Coach Günter Bresnik die baldige Ankunft unter den Top-100 in Aussicht stellt. Mit Erfolg, den schlussendlich reichte dem vom Publikum frenetisch gefeierten Salzburger ein Break zum 4:3 um dann mit viel Konsequenz, gleichermaßen platzierten Auf- wie Rückschlägen und zwei abgewehrten Breakbällen den Sack mit 6:4 zuzumachen. „Ich bin extrem happy mit diesem Sieg. Auf Challenger-Ebene kann ja tatsächlich jeder jeden schlagen. Ich denke, dass ich heute in den wichtigen Momenten oft die richtigen Entscheidungen getroffen habe. Und ein wichtiger Punkt war, dass ich viele seiner wirklich starken Aufschläge lang und platziert zurückspielen konnte“, so das zufriedene Geburtstagskind Lukas Neumayer nach 2 Stunden und 29 Minuten Matchdauer.

Der Semifinalgegner des Tullner Publikumslieblings wurde in der Begegnung zwischen Rudolf Molleker (23, ATP 256) aus Deutschland und dem Tschechen Andrew Paulson (22, ATP 378) ermittelt. Aber während letzterer in Satz 1 speziell bei seinen teils nachlässig vorbereiteten Netzangriffen häufig ideenlos wirkte, zog Molleker mit der Erfahrung eines jungen Mannes, der bereits mit 18 Nummer 146 der Welt war, sein Konzept des kontrollierten Percentage-Tennis’ unbeirrt durch. Nicht einmal ein Promi-Besuch in der Paulson-Box konnte den in der Ukraine geborenen Molleker aus der Ruhe bringen. Aus dem einigermaßen nahen Prag kam zum Support für den Boyfriend Tschechiens aktuell an der Schulter verletzte Wimbledonsiegerin von 2023, Markéta Vondroušová, nach Tulln geeilt. Eine Stadt übrigens, die es der zehnfachen Preisgeld-Millionärin genauso angetan hat, wie unser ATP 100 Challenger: „Eine wunderbare, saubere Stadt und ein wirklich stilvolles und gut organisiertes Turnier. Ich bin sehr froh, dass ich herkommen konnte!“ Tatsächlich dürften Markétas Anfeuerungsrufe zumindest in Satz 2 etwas bewirkt haben. Paulson Offensivspiel wurde kontrollierter, der Aufschlag verlässlicher und der Return platzierter – und so krallte sich der Tscheche den zweiten Durchgang im Tie Break. Im dritten Satz folgte dann wieder Rückfall und speziell beim Service ging nur mehr wenig. Molleker blieb cool, nutzte zwei von fünf Breakchancen und siegte schlussendlich verdient mit 6:4,6:7 und 6:3.

Erfolgreich hingegen war auf Court 1 ein anderer junger Prager. Jakub Nicod (20, ATP 337) erreichte mit seinem 6:3, 5:7, 6:2-Sieg über den sieben Jahre älteren Russen Ivan Gakhov (ATP 298) sein allererstes Challenger-Semifinale. Dort bekommt er es im letzten Samstagsmatch mit Jan Choinski, dem hier in Tulln ebenfalls von Günter Bresnik gecoachten Briten zu tun. Dieser machte, rein sportlich gesehen, mit Deutschlands Zukunftshoffnung Max Hans Rehberg mit 6:1 und 6:1 kurzen Prozess.

Im Schnellverfahren wurden auch die am unteren Raster-Ast gesetzten Doppelfinalisten ermittelt. Das in Tulln an 2 gereihte, ausgezeichnet harmonierende, polnische Duo Karol Drzewiecki und Piotr Matuszewski fertigten Masur/Wehnelt aus Deutschland mit 6:2 und 6:1 ab. In der oberen Rasterhälfte ging es ähnlich flott – diesmal leider auf Kosten der Österreicher Gerald Melzer und Lukas Neumayer. Diese hatten im letzten Match des Tages gegen den Ukrainer Vitaly Sachko und den Slowaken Milos Karol heftig mit der eigenen Aufschlagleistung zu kämpfen. Erste kamen zu wenig und die Zweiten wurden häufig zur leichten Beute für die vom Start weg top disponierten Gegner, welche alle ihre Breakchancen, vier an der Zahl, nutzen konnten. Fazit: 6:3, 6:1 und Finalticket für Sachko/Karol. Spielbeginn am Samstag: 11:00 Uhr. 

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